Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG): Ein Leitfaden
14.06.2024
·
Michel Hampe
Hinweis: Dieser Artikel basiert auf Informationen vom 14. Juni 2024. Aktualisierungen werden vorgenommen und geteilt, sobald offizielle Änderungen bekannt gegeben werden.
Im Januar 2023 verabschiedete Deutschland das sogenannte Gesetz über die Sorgfaltspflichten in Lieferketten (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, auch bekannt als Lieferkettengesetz oder LkSG).
Dieses Gesetz ist ein bedeutender Schritt hin zu mehr Unternehmensverantwortung in globalen Lieferketten. Das LkSG verpflichtet deutsche Unternehmen zu umfassenden Sorgfaltspflichten und Berichterstattung, um Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden zu verhindern. Es erfordert eine sorgfältige Überwachung und konsequente Umsetzung, um nachhaltige und ethische Standards im Beschaffungs- und Vertragsmanagement zu gewährleisten.
Wer ist betroffen?
Der Geltungsbereich des Lieferkettengesetzes wird durch zwei Faktoren bestimmt: die Mitarbeiterzahl und das Land der rechtlichen Niederlassung.
Das neue Gesetz gilt für Unternehmen, die die folgenden Kriterien erfüllen:
Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern (im Durchschnitt des Geschäftsjahres, einschließlich Mitarbeitern außerhalb Deutschlands) und deren zentrale Verwaltung, Hauptgeschäftsstelle, Verwaltungssitz oder gesetzlicher Sitz in Deutschland liegt.
Darüber hinaus gilt es auch für jedes Unternehmen mit einer in Deutschland registrierten Niederlassung, das mindestens 1.000 Mitarbeiter beschäftigt.
Zudem müssen Leiharbeitnehmer einbezogen werden, wenn sie länger als 6 Monate in dem Unternehmen tätig sind. Bei Konzernunternehmen zählt die gesamte Mitarbeiterzahl der in Deutschland ansässigen Mitarbeiter innerhalb der Gruppe.
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) können ebenfalls indirekt betroffen sein, auch wenn sie nicht direkt unter die Anforderungen des Gesetzes fallen. Als Zulieferer von Unternehmen, die dem Gesetz unterliegen, müssen KMUs möglicherweise ebenfalls das LkSG einhalten, etwa durch die Umsetzung von einem Lieferantenkodex, Audits oder die Bereitstellung zusätzlicher Informationen.
Das Gesetz nimmt auch ausdrücklich Vermittler in den Blick, die versuchen, ihre Verpflichtungen zu umgehen, indem sie direkte Lieferanten als indirekte ausgeben. In solchen Fällen werden diese „indirekten Lieferanten“ rechtlich wie direkte Lieferanten behandelt.
Welche zentralen Rechte werden geschützt?
Das LkSG bezieht sich auf internationale Abkommen, um die zu schützenden Menschen- und Umweltrechte festzulegen. Dazu gehören Arbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), wie die Abschaffung von Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Sklaverei und Diskriminierung. Auch die Rechte der Arbeitnehmer werden betont, insbesondere das Recht auf gleiche Entlohnung und das Recht auf Vereinigungsfreiheit. Im Umweltschutz liegt der Fokus auf der Vermeidung von schwerem menschlichem Leid durch Umweltschäden. Dabei werden Übereinkommen wie das Minamata-Übereinkommen über Quecksilber, das Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe und das Baseler Übereinkommen über gefährliche Abfälle berücksichtigt.
Welche Sorgfaltspflichten gelten?
Das LkSG verpflichtet Unternehmen zu Sorgfaltspflichten, die sich je nach Stufe der Lieferkette richten. Unternehmen müssen Menschenrechtsverletzungen in ihren eigenen Betrieben direkt angehen, Verstöße bei direkten Lieferanten verhindern und geeignete Maßnahmen ergreifen. Diese Maßnahmen hängen ab von:
Der Art und dem Umfang der unternehmerischen Tätigkeiten
Der Schwere und Wahrscheinlichkeit eines Risikos oder Verstoßes
Der Fähigkeit des Unternehmens, auf den Täter einzuwirken
Der Mitverantwortung des Unternehmens für das Risiko oder den Verstoß
Um Unternehmen zu unterstützen, stellt die zuständige Aufsichtsbehörde, BAFA, ein Handout mit Beispielen für Fragen und Überlegungen zur Beurteilung der Angemessenheit zur Verfügung.
Risikomanagement
Unternehmen sind verpflichtet, ihre Risikomanagementprozesse anzupassen oder zu etablieren, um die Einhaltung des Gesetzes zu gewährleisten. Dabei müssen entsprechende Mechanismen in relevante Geschäftsprozesse integriert werden. Es ist wichtig, dass Verantwortlichkeiten klar zugewiesen und Ressourcen in relevanten Abteilungen wie Einkauf, Compliance und Nachhaltigkeit bereitgestellt werden. Die Überwachung erfolgt durch eine/n Menschenrechtsbeauftragte/n.
Risikobewertung
Eine jährliche Risikobewertung ist erforderlich, um potenzielle Menschenrechts- oder Umweltverletzungen durch die eigenen Unternehmensaktivitäten oder direkte Lieferanten zu prüfen. Dabei sind folgende Schritte zu berücksichtigen:
Abstrakte Risikobewertung: Allgemeine Analyse basierend auf Ländern oder Branchen.
Konkrete Risikobewertung: Detaillierte Analyse auf Grundlage interner Erkenntnisse, Forschung, Umfragen oder Zertifizierungen.
Risikoeinschätzung und Priorisierung: Bewertung und Einstufung der identifizierten Risiken.
Auch indirekte Lieferanten können in die Risikobewertung einbezogen werden, wenn fundierte Hinweise auf Verstöße vorliegen. Eine Risikobewertung ist insbesondere erforderlich, wenn wesentliche Veränderungen in den Unternehmensabläufen oder in den Risiken der Lieferkette zu erwarten sind.
Prävention und Abhilfemaßnahmen
Erkannte Risiken gilt es zu adressieren, um Verstöße gegen Menschenrechte und Umwelt zu vermeiden und zu minimieren. Dies kann durch aktualisierte Beschaffungsrichtlinien, Verhaltenskodexe, Schulungen oder Audits erfolgen.
Erklärung der Grundsätze
Unternehmen sind verpflichtet, eine Erklärung zu den grundlegenden Prinzipien des Menschenrechtsschutzes abzugeben. Diese muss die Compliance-Verfahren, zentrale Risiken und Erwartungen an Mitarbeiter sowie Lieferanten enthalten und das Bekenntnis des Unternehmens zur Einhaltung dieser Standards belegen.
Beschwerdemanagement
Ein öffentlich zugänglicher Beschwerdemechanismus muss eingerichtet werden, der es betroffenen Personen ermöglicht, Bedenken vertraulich zu äußern. Die Verantwortlichkeiten und Verfahren zur Bearbeitung von Beschwerden müssen klar definiert und öffentlich zugänglich sein.
Dokumentation und Berichterstattung
Unternehmen sind verpflichtet, innerhalb von vier Monaten nach Ende des Geschäftsjahres einen Jahresbericht zu veröffentlichen. Dieser muss erkannte Risiken, vorbeugende Maßnahmen, Lösungen, Bewertungen der Wirksamkeit und zukünftige Schritte enthalten. Die Berichte müssen für sieben Jahre auf der Unternehmenswebsite zugänglich sein.
Welche Konsequenzen hat die Nichteinhaltung?
Die Strafen für Verstöße steigen je nach Schwere des Vergehens. Bei weniger gravierenden Fällen, wie verspäteten oder fehlerhaften Meldungen, werden geringere Geldstrafen verhängt. Bei schwerwiegenden Verstößen können Bußgelder von bis zu 8 Millionen Euro oder 2 % des durchschnittlichen Jahresumsatzes über 400 Millionen Euro drohen. Zusätzlich können Unternehmen für bis zu drei Jahre von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden.
Wie können sich Unternehmen auf das LkSG vorbereiten?
Betroffene Unternehmen stehen vor Herausforderungen, die über die anfängliche Umstellung hinausgehen. Zu den häufigsten Problemen zählen die Definition der operativen Tätigkeiten, die Erfassung direkter und indirekter Lieferanten sowie die Sicherstellung einer effektiven Kommunikation, Transparenz und Datenverwaltung. Eine frühzeitige Planung und Strukturierung dieser Bereiche ist entscheidend, um die Anforderungen des LkSG erfolgreich umzusetzen.
Mit der bevorstehenden Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) werden die europäischen Aufsichtsbehörden die Transparenz in globalen Lieferketten stärker in den Fokus rücken.
Um sich darauf vorzubereiten, empfehlen wir, frühzeitig klare Kommunikationskanäle zu etablieren und ein strukturiertes System zur Datensammlung und -validierung in deinem Lieferantennetzwerk zu schaffen. Eine proaktive, transparente Kommunikation in der gesamten Wertschöpfungskette kann langfristig erhebliche Vorteile bringen.
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